Wie ist eine wirkliche Nachtzug-Renaissance möglich?

Morgen wird mit der neuen ÖBB-NightJet-Linie die Nachtzugverbindung zwischen Berlin und Paris wiederbelebt, die es neun Jahre lang nicht gab – ein Grund zum Feiern für Back on Track und viele andere Nachtzugfans, denn die Verbindung zwischen den beiden Hauptstädten ist eine der wichtigsten in Europa, die bisher bitter gefehlt hat. Zudem ermöglicht sie in beiden Richtungen viele Anschlussreisen nach Frankreich auf der einen Seite und nach Osteuropa auf der anderen, womit viele weitere Reisen mit der Bahn erst möglich werden. Im Dezember 2014 hatte die DB den damaligen „City NightLine Perseus“ eingestellt (hier ein sehr schönes Hörfunkfeature des Deutschlandfunks von einer der letzten Reisen), obwohl es an Nachfrage auch damals nicht mangelte. Daran scheint auch der neue Nachtzug direkt anzuknüpfen, denn laut ÖBB sind die Fahrten im Dezember schon jetzt fast komplett ausgebucht. Vorerst fährt der Zug nur dreimal pro Woche, aber noch 2024 soll er wieder jede Nacht fahren – sobald die ÖBB genügend Wagen dafür haben.

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Stillstand beim Deutschlandtakt

Eigentlich herrscht ausnahmsweise einmal große Einigkeit in der Bahnpolitik: Der Deutschlandtakt wird landauf und landab als großer Fortschritt für das System Bahn betrachtet. Mit ihm würden die Fahrzeiten auf vielen Strecken verkürzt und die Anschlüsse in den Knotenbahnhöfen so optimiert, dass ein schneller Umstieg mit wenig Zeitaufwand möglich wird. Außerdem soll die Zahl der Züge auf vielen Fernverkehrsstrecken noch deutlich erhöht werden. Damit würde das System Bahn stark an Attraktivität gewinnen, womit mehr Menschen von der Straße und aus der Luft auf die Schiene gelockt werden könnten. Der Deutschlandtakt gilt als einer der großen Hoffnungsträger für den Klimaschutz.

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Ein Bahnnetz für Europa – als echte Alternative zum Fliegen

In Anbetracht der Klimakrise können wir uns zukünftig nur noch einen Bruchteil der heutigen Flugreisen leisten. Diese wenigen Reisen müssen zudem aus Gerechtigkeitsgründen auf wesentlich mehr Menschen als bisher aufgeteilt werden, da ein großer Teil der Menschheit bis heute noch nie in einem Flugzeug gesessen hat, während ein kleiner Teil aus den reichen Industrieländern massive Emissionen mit teilweise mehreren Flugreisen pro Jahr verursacht. Wenn wir einigermaßen klimafreundlich leben wollen, wird für jede und jeden von uns maximal eine Flugreise alle paar Jahre möglich sein. Diese Reisen machen dann nur für solche Strecken Sinn, die kaum anders zurückgelegt werden können – etwa Transatlantikreisen. Das heißt im Umkehrschluss, dass wir auf Flugreisen innerhalb Europas weitgehend verzichten müssen. Ein Bahnnetz für Europa – als echte Alternative zum Fliegen weiterlesen

Takt vor Tempo – eine neue Planungsphilosophie für das Bahnnetz

Die richtige Art des Netzausbaus für eine zukunftsfähige Bahn ist schon lange eine kontrovers geführte Debatte. Das Spektrum der Positionen reicht dabei von Visionen eines europaweiten Super-Hochgeschwindigkeitsschienennnetzes [1], mit denen sich der letzte Beitrag dieses Blogs kritisch auseinandersetzt bis hin zur konsequenten Ablehnung von Hochgeschwindigkeit auf der Schiene zugunsten einer Fokussierung auf den Ausbau der Flächenbahn.

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Ausbaustrategie des Bahnnetzes: Ein Super-Hochgeschwindigkeitsnetz zur Klimarettung?

Seit fast einem Jahr läuft im Freitag eine Debatte über die Ausbaustrategie für ein zukünftiges Europäisches Bahnnetz: Nachdem Michael Jäger im Juli 2020 die „Klimarettung im Superzug“ propagiert hat, habe ich ihm einige Wochen später geantwortet, dass eine Bahn der Zukunft im Netzwerk statt in einzelnen Schnellverbindungen gedacht werden müsse. Das Konzept für ein wirkliches europäisches Netz habe ich dann im Februar 2021 noch weiter ausgeführt. Im April 2021 propagierte Michael Jäger hingegen erneut den Bau von Ultra-Hochgeschwindigkeitsbahnstrecken als „Transeuropaexpress“. Dieser Text ist eine Erwiderung darauf.

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Der Irrglaube an den Wettbewerb im Bahn-Fernverkehr

Ende Dezember veröffentlichte die Partei Bündnis 90/Die Grünen ihre Strategie für eine zukünftige Organisation der Bahn.[1] Den grundsätzlichen Zielen dieses Konzepts ist absolut zuzustimmen: Mehr Verkehr auf der Schiene, die Reaktivierung stillgelegter Bahnstrecken und eine bessere und zuverlässigere Bahn. Zu diesem Zweck soll die bisherige Organisationsform der Aktiengesellschaft für die Deutsche Bahn (DB) endlich verändert werden. Auch dass das Schienennetz keine Bilanzgewinne mehr erzielen soll, ist eine sinnvolle Forderung. Schließlich ist das dafür zuständige Tochterunternehmen DB Netz AG inzwischen der mit Abstand größte Gewinnbringer des DB-Konzerns, steht dabei aber immer im gefährlichen Spannungsfeld zwischen dem Aufschieben von teuren Instandhaltungsmaßnahmen und den staatlichen Zuschüssen zum Unterhalt des Netzes – ein wesentlicher Grund für den schlechten Zustand vieler Gleise. Das Konzept der Grünen beinhaltet aber auch die Trennung des Schienennetzes und des Bahnbetriebs auf diesem Netz, der in eine GmbH überführt werden soll. Diesen Vorschlag hat auch die CDU – in Vorfreude auf eine mögliche schwarz-grüne Regierung – sofort begeistert aufgenommen. Doch eine solche Trennung hätte eine Reihe von negativen Auswirkungen auf den Bahnverkehr. Und der mit dieser Trennung letztlich beabsichtigte Wettbewerb verschiedener Eisenbahnverkehrsunternehmen auf dem Schienennetz bringt weitere Probleme mit sich, weil er zu einem scharfen Konkurrenzdruck zwischen den Unternehmen führt und Synergien zerstört. Um diese Konsequenzen und die Alternativen zu dieser Orientierung auf Trennung und Wettbewerb soll es in diesem Artikel gehen.

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Der TEE 2.0 als Vision für ein europäisches Bahnsystem

Im Zuge der sich verschärfenden Klimakrise wird immer deutlicher, dass wir einen großen Teil des Flugverkehrs, der vor der Covid-19-Krise stattfand, reduzieren müssen. Die ganze Mobilitätsbranche ist durch die aktuelle Krise ohnehin kräftig durcheinandergeschüttelt worden – eine gute Gelegenheit, um über die überfällige Entwicklung von Alternativen nachzudenken. Während Flüge für sehr weite Reisen kaum zu ersetzen sind und nur reduziert werden können, bietet sich bei den Entfernungen innerhalb Europas die Bahn als Alternative an. Sie kann zwar auf längeren Strecken nicht mit den Reisezeiten des Flugzeugs konkurrieren, dafür aber durchaus mit mehr Komfort aufwarten – ohne das Warten an Check-in-Schaltern und in Sicherheitsschlangen.[1]

Die Verlagerung von Flügen auf die Bahn ist dabei eine überraschend populäre Maßnahme: Fast zwei Drittel der EU-Bürger gaben in einer Umfrage an, dass sie ein Verbot von Kurzstreckenflügen als Klimaschutzmaßnahme befürworten würden – sogar mit einer sehr großzügigen Definition von „Kurzstrecken“ als solchen, die mit 12 Stunden Zugfahrt erreichbar wären.[2] Sonst wird häufig die Grenze von 4 Stunden Zugfahrt genutzt, da bei solchen Reisen das Flugzeug bei realistischer Betrachtung der Übergangszeiten sogar mehr Zeit benötigt als die Bahn; Frankreich hat der Air France mit dem Covid-19-Rettungsprogramm immerhin solche Flüge untersagt, die mit einer höchstens zweieinhalbstündigen Zugfahrt zu ersetzen wären.[3] Acht bis zwölf Stunden Zugfahrt lassen sich hingegen am komfortabelsten schlafend in einem Nachtzug zurücklegen – der dann gegenüber dem Flugzeug den zusätzlichen Vorteil der bequemen Ankunft am Morgen hat, ohne dass die Reisenden zu nachtschlafender Zeit aufstehen müssen.

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Macht eine Reservierungspflicht im Bahn-Fernverkehr Sinn?

Im Zuge der Corona-Krise wird momentan viel über eine Reservierungspflicht im Fernverkehr der Deutschen Bahn diskutiert, um eine zu hohe Dichte in den Zügen zu verhindern. In den Hochgeschwindigkeitssystemen einiger anderer Länder, beispielsweise in Frankreich oder Japan, gilt eine solche Reservierungspflicht schon seit langer Zeit, und auch in den ICE-Sprintern der Deutschen Bahn gab es von 2002 bis 2015 eine Pflicht zur Reservierung, um mitfahren zu können – verbunden mit dem damaligen Sprinter-Aufpreis. Seitdem wurden die Sprinter stärker in das ICE-System integriert, und es gelten die gleichen Bedingungen wie in anderen ICEs, ohne Pflichtreservierung. Bislang lehnt die DB AG eine generelle Reservierungspflicht im ICE- und IC-Verkehr unter Verweis auf die Flexibilität des Reisens ab, unterstützt von Fahrgastverbänden.

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Der Wettbewerb im Schienenpersonennahverkehr – ein Auslaufmodell?

Der Wettbewerb im Nahverkehr auf der Schiene gilt als der einzig wirkliche Erfolg der Bahnreform von 1994. Seit dem 1.1.1996 ist der Betrieb von Regionalzügen nicht mehr automatisch eine Aufgabe der Deutschen Bahn AG als Nachfolgering der früheren Bundes- und der Reichsbahn, sondern die Verantwortung dafür ist auf die Bundesländer übergegangen – die sogenannte Regionalisierung. Die Länder können nun unterschiedliche Eisenbahnverkehrsunternehmen damit beauftragen die Regionalzüge zu fahren. Seitdem fahren in vielen Regionen moderne Züge in dichterem Takt, und die Fahrgastzahlen haben vielfach stark zugenommen. Zudem sind die Preise für die Bestellung von Zugleistungen deutlich gesunken, so dass die Aufgabenträger (die Länder selbst oder von diesen Beauftragte Institutionen wie Verkehrsverbünde) für das gleiche Geld deutlich mehr Verkehr bestellen konnten. Daher wird der Schienenpersonennahverkehr (SPNV) immer wieder als ein Paradebeispiel für die positiven Auswirkungen des Wettbewerbs angeführt.

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Die Corona-Krise als Chance für die Verlagerung von Kurzstreckenflügen auf die Bahn

Die Corona-Krise trifft momentan alle Verkehrsunternehmen heftig – im Nah- wie im Fernverkehr. Sowohl die Bahnunternehmen als auch die Fluglinien haben nur noch einen Bruchteil der früheren Fahrgastzahlen und damit einbrechende Einnahmen. Währen die Fluglinien einen Großteil ihrer Flotte vorläufig stillgelegt haben und damit ihre Kosten zumindest teilweise reduzieren konnten, fährt der Fernverkehr der Bahn fast unverändert – von den Auslandsverbindungen und einigen Verstärkerlinien abgesehen.

Sowohl die Lufthansa als auch die Deutsche Bahn AG (DB AG) beziffern ihre Schäden seit dem Beginn des Corona-Lockdowns im März inzwischen auf mehrere Milliarden Euro und stehen aus diesem Grund mit der Bundesregierung in Verhandlungen über Staatshilfen, die zur Vermeidung der Insolvenz unvermeidlich seien. Es ließe sich bei beiden Unternehmen viel darüber diskutieren, welche strukturellen Probleme sie auch vor der Corona-Krise bereits hatten und dass der milliardenschwere Finanzbedarf nicht alleine wegen des Corona-Lockdowns aufkam. Hier soll es jedoch um die Frage gehen, welche Bedingungen der Bund im Gegenzug zu staatlichen Unterstützungen stellen sollte, um gleichzeitig dem Klimaschutz zu dienen und die Unternehmen für eine nachhaltige Zukunft aufzustellen – was Bundeskanzlerin Merkel kürzlich ja immerhin als grundsätzliches Ziel bei den Corona-Rettungsmaßnahmen benannt hat.

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